Piazolo: PensionistInnen sollen unterrichten

Ein von Kultusminister Piazolo unterschriebener Brief erreichte vor Ostern etliche pensionierte Lehrerinnen und Lehrer im Freistaat Bayern. In ihm bittet der Minister, im kommenden Schuljahr an Grund-, Mittel- und Förderschulen wieder zu unterrichten, zumindest halbjährig. Der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft nimmt in einer Pressemitteilung dazu Stellung.

In den genannten Schularten fehlen laut Kultusministerium ca. 1400 Vollzeitkräfte. Die Ursache dafür liegt nach Auffassung der GEW in einer verfehlten Einstellungspolitik der bayerischen Staatsregierung. Zudem bräuchte man ein schulartübergreifendes Lehramtsstudium für die Unter- und Mittelstufe. Stattdessen wird für das Schuljahr 2020/21 die Unterrichtspflichtzeit an Grundschulen angehoben und der vorgezogene Ruhestand erst ab dem 65. Lebensjahr genehmigt.

Da allein solche rigiden Maßnahmen den enormen Lehrermangel keinesfalls beheben, schreibt die GEW, werden nun sogar die „Ehemaligen“ umworben: „Zur Sicherung der Unterrichtsversorgung setzen wir … auf unsere hoch qualifizierten Lehrkräfte.“ Zweifelsohne würden so manche Seniorinnen und Senioren noch einen guten Job machen. Doch auch wenn sie grundsätzlich physisch und mental geeignet wären, gehören sie besonders „in Corona-Zeiten“ zu „Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf“ laut Robert-Koch-Institut.

Die GEW gehört nicht zu denjenigen, die meinen, die bayerische Staatsregierung wolle Pensionen einsparen. Doch stellt sie nüchtern fest: Herr Piazolo hätte die genannten Pensionäre nicht anschreiben dürfen, auch wenn sich sein Ansinnen auf das nächste Schuljahr bezieht. Denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann die bayerische Staatsregierung mit Ministerpräsident Söder an der Spitze nicht wissen, ob Corona-Infektionen im September dieses Jahres der Vergangenheit angehören werden. So jedoch nimmt die Regierung eine mögliche gesundheitliche Gefährdung von Personen über 65 Jahre billigend in Kauf. Das Kultusministerium als Dienstherr verletzt aus Sicht der Gewerkschafter seine Fürsorgepflicht.

In seinem Übereifer hatte das Kultusministerium auch bereits verstorbene Lehrkräfte angeschrieben, sich aber mittlerweile entschuldigt, dass dies nicht hätte „passieren dürfen.“ So war das Werbungsschreiben auch der Witwe eines ehemaligen GEW-Mitglieds aus dem hiesigen Landkreis „pünktlich! am Ostersamstag ins Haus geflattert“, wie sie der GEW schriftlich mitteilte.