Werteprüfung für den Besuch von Regelklassen?

Bildungsgewerkschaft reagiert mit Unverständnis!

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bayern zeigt sich entsetzt über den Vorschlag von Markus Söder, den Besuch der Regelklassen von bestandenen Deutsch- und Wertetests abhängig zu machen.

Zu begrüßen wäre die Verkleinerung der Gruppen, in welchen Schüler*innen Unterstützung im Spracherwerb erhalten. Jedoch darf das Sprachniveau nicht das Kriterium sein, den Besuch des Regelunterrichts langfristig zu verhindern. In kleinen Regelklassen, in denen multiprofessionelle Teams zusammenarbeiten, könnten Schüler*innen mit Migrationshintergrund integriert und im Spracherwerb entsprechend gut gefördert werden.

Die GEW weist darauf hin, dass die separierende und ausschließende Behandlung der Migrant*innen der Sechziger, Siebziger und Achtziger Jahre erwiesenermaßen die Integration und das gemeinsame Miteinander verlangsamt und erschwert hat. Seit Jahren setzt sich die GEW für eine Schule für alle ein, da Ausgrenzung stets fatale Folgen für das Zusammenleben hat.

„Geradezu hanebüchen ist der Vorschlag Söders, eine Werteprüfung für den Besuch der Regelklassen einzuführen. Werteerziehung muss gemeinsamer Bestandteil des Unterrichts und des gesamten Schulalltags aller Klassen und Schulen sein. Einen Beitrag dazu kann die politische Bildung leisten“, so Ruth Brenner, Sprecherin der GEW-Fachgruppe Grund- und Mittelschulen. Sie ergänzt: „Eine Intensivierung der politischen Bildung in allen Schularten ist seit Jahren ein Kernanliegen der GEW, das 2017 auf dem Gewerkschaftstag bekräftigt wurde. Politische Bildung leistet einen Beitrag zur Demokratieerziehung, dennoch wird gerade in Bayern seit Jahren an ihr gespart.“
Werteerziehung heißt für die GEW auch, dass die gesamte Gesellschaft Werte vorlebt. Eine separierende Wertekunde im Söders Sinne ist kontraproduktiv. Sie unterteilt Menschen willkürlich allein nach ihrem Herkunftsort und ihren Deutschkenntnissen in Gruppen und unterstellt den Flüchtlingskindern und den Zugezogenen auf diese Weise, von vornherein nur schlechtere, falsche oder gar keine Werte zu kennen. Das spaltet die Schulgemeinschaft anstatt der Jugend möglichst frühzeitig ein Miteinander in Vielfalt zu ermöglichen.

Christiane Wagner, Mitglied im Landesvorstand und selbst Lehrerin, ergänzt: „Werte wie Gleichberechtigung, Teilhabe, Demokratie oder Freiheit können nicht gelehrt und anschließend wiedergekäut werden. Sie müssen gelebt werden. Das Leben dieser Werte bedeutet für die GEW zu allererst, dass Schule den Kindern und Jugendlichen zeigen muss, dass wirklich alle Lernenden, egal welcher Herkunft, welcher Vorbildung, welchen Geschlechts, welcher Religion und vor allem auch welchen Aufenthaltstitels willkommen sind und in der Schule einen Platz haben, um dort gemeinsam zu lernen.“

Die Bildungsgewerkschaft fordert seit langem die Einführung eines gemeinsamen Wertefachs für alle Schüler*innen, in dem gemeinsam über Fragen des Zusammenlebens und des Miteinanders diskutiert werden kann.

Damit alle Kinder und Jugendlichen gemeinsam Inhalte und Fakten, aber eben auch Werte lernen und ausprobieren können, wird dringend eine bessere personelle Ausstattung der Schulen benötigt. Vorschläge und Anreize, den Lehrer*innenmangel zu beheben, hat die GEW wiederholt vorgebracht. Die Anhebung des Einstiegsgehalts aller Lehrkräfte auf A13/E13 ist nur einer der wesentlichen Schritte.

Pressemitteilung der GEW-Bayern