Stufenlehrerbildung und gebundene Ganztagsschule

Erneut fordert der Kreisverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Ausbildung von Stufenlehrern anstelle der schulartspezifischen Lehrerbildung in Bayern. Auch eine flächendeckende Einführung der gebundenen Ganztagsschule für alle Schularten wird verlangt.

Nach Auffassung der Gewerkschafter würde damit eine Reihe von schulischen Problemen gelöst. Laut einer bundesweiten Studie des Caritasverbands erhöhte sich im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen die Quote der Schüler, die nicht zumindest einen Mittelschulabschrluss haben, von 2,6 auf 4 Prozent. Verglichen wurden die Jahre 2013 und 2014. Aufgrund der vielen Flüchtlingskinder, die im letzten Jahr in die Schulen gekommen sind, wird dieser Anteil ohne gebundenen Ganztagsunterricht an allen Mittelschulen weiterhin steigen, schreiben die Gewerkschafter in einer Pressemitteilung.

Lediglich sieben Prozent aller Mittelschüler im hiesigen Landkreis nahmen im vergangenen Schuljahr an einem gebundenen Ganztagsunterricht teil, in dem Konzentrations- und Entspannungsphasen abwechseln. Lernschwachen Schülern als auch Migrantenkindern beim Erlernen der deutschen Sprache kommt diese Unterrichtsform auf alle Fälle zugute, ist sich Harald Morawietz vom Vorstand der GEW sicher. Doch unabhängig von diesen beiden Beispielen hält er die Einführung der gebundenen Ganztagsschule in anderen Schularten für ebenso notwendig: „An Gesamtschulen in anderen Bundesländern, die der Vorstand besucht hat, ist rhythmisierter Ganztagsunterricht selbstverständlich. Die Ergebnisse im Leistungs- und sozialen Bereich sind außerordentlich gut.“ Weder an Realschulen noch an Gymnasien in unserem Landkreis existieren gebundene Ganztagsklassen.

Dafür braucht es aber zusätzliche Lehrkräfte. „Doch woher sollen die kommen, wenn aufgrund einer hochdifferenzierten Lehrerbildung und unterschiedlicher Besoldung jetzt ausgebildete Realschul- und Gymnasiallehrer Bayern verlassen, Sonderschul-, Grund- und Mittelschullehrer jedoch händeringend gesucht werden?“, fragt Harald Dösel. Er ergänzt: „Noch vor zwei Jahren bewarben sich bayerische Grundschullehrerinnen in anderen Bundesländern. Diese systembedingten Verwerfungen im Lehrerbedarf können durch eine neue Lehrerbildung mit einem gemeinsamen pädagogischen Grundstudium vermindert werden.“

Die GEW schlug deswegen schon vor etlichen Jahren eine Stufenlehrerbildung vor. Dann würde es solche Lehrer für Grundschule, Mittel- und Oberstufe geben, und das bei gleicher Bezahlung. Studenten könnten somit ihre Schulwahl stärker auf den tatsächlichen Bedarf ausrichten und müssten sich nicht auf langjährige Prognosen verlassen. Auch machte dieses Studienmodell den Lehrereinsatz gerade in der Mittelstufe flexibler, was die Zahlen von Schulabbrechern und Schülern ohne Abschluss auch in unserem Landkreis verringerte, betont Sonderschullehrer Ekkehard Lindauer. Würden sich die Stufen an den Schnittstellen noch überlappen, die untere Stufe von Klasse eins bis sechs, die mittlere von vier bis zehn und die obere von acht bis zwölf bzw. dreizehn gehen, löste sich das Problem „Lehrermangel an der einen Schulart bei gleichzeitigem Überangebot an einer anderen“ in Wohlgefallen auf.

Den Verweis des Kultusministeriums auf das differenzierte Schulsystem, welches auf Begabung und Interessen der Schüler eingehe, was eine schulartspezifische Ausbildung erfordere, lässt Michael Bratenstein nicht gelten: „Schon die PISA-Studien haben belegt, dass Schüler mit gleichen Fähigkeiten, Interessen und Leistungsvermögen in allen Schularten zu finden sind. Also müssen Lehrer in ihrem Studium darauf vorbereitet werden.“

Und noch ein Argument fügt die GEW an. Heute unterrichten in Bayern etliche Lehrer an Schulen, für die sie nicht ausgebildet worden sind. Wer hingegen in seinem Grundstudium mehr als hinreichend allgemeine Pädagogik und Methodik studiert hat, der wird in aller Regel in seiner Stufe und seinen Fächern in allen Schularten in der Lage sein, von sonderpädagogischen Ausnahmen abgesehen, den jeweiligen Unterrichtsstoff gut zu vermitteln.